Montag, 6. Mai 2013

Reich werden mit Google

Wird der Begriff «Schulden» oft gegoogelt, fallen die Kurse. Das fand ein britischer Finanzprofessor heraus. Und wie fällt die Rendite mit entsprechender Anlagestrategie aus? 

Was macht der Anleger, bevor er sich eine Aktie kauft? Man möchte hoffen, dass er sich zunächst informiert. Und wenn er das macht – wo macht der moderne Sparer das vornehmlich? Im Internet. Bei Google. Drei Wissenschaftler haben sich diesen Umstand zunutze gemacht und die Häufigkeit analysiert, mit der Internetnutzer bestimmte Suchwörter googeln, darunter etwa die Begriffe Krise, Schulden, Investieren, Geld und Kredit. Man wollte herausfinden, ob sich aus diesen Daten die künftige Börsenentwicklung ableiten liesse. 

Tobias Preis (31) ist einer der Forscher, die das Experiment durchgeführt haben. Der Finanzprofessor der britischen Universität Warwick nahm sich die Google-Daten der Jahre 2004 bis 2011 vor. «Wenn etwa für den Begriff ‹Schulden› in den Suchanfragen zugenommen haben, haben wir darauf gewettet, dass der Dow-Jones-Index fällt», sagt Preis. Diese Aktienposition wurde nach einer Woche verkauft. Wenn sich die Anzahl der Suchanfragen für «Schulden» verringert hat, haben Preis und seine Kollegen eine sogenannte Long-Position für eine Woche aufgebaut – sprich: Sie haben Aktien gekauft, um diese sieben Tage später wieder zu verkaufen. 

Hintergrund ist die Annahme, dass Menschen, die nach möglichen Gefahren für die Finanzmärkte googeln – etwa zu hohe Schulden von Unternehmen oder Staaten –, nach längerer Überlegung ihre Aktien auch verkaufen werden, was den Aktienmarkt insgesamt belastet. «Wir haben gesehen, dass dem Herdentrieb an den Börsen ein Herdentrieb bei der Informationsbeschaffung vorausgeht», sagt Preis.  Die Untersuchung bezog sich auf US-Internetnutzer. Die Wissenschaftler kreierten einen Index, der sich aus der Anzahl der Erwähnungen eines Begriffes in der «Financial Times» und in allgemeiner Literatur ergab. Ergebnis: Die Häufigkeit von Google-Suchanfragen für bestimmte Begriffe erlaubt Aussagen zur Renditeerwartung.
 
Preis und Kollegen haben berechnet, wie erfolgreich sie mit ihrer Strategie gewesen wären: Zwischen 2004 und 2011 hätten sie am US-Aktienmarkt (Dow-Jones-Index) einen Profit von 326 Prozent gemacht. Gerade in den Jahren der Finanzkrise, so zeigt das Ergebnis, wäre dieser Ansatz also überaus erfolgreich gewesen. Allerdings sind die Finanzmärkte voll mit Angeboten mit dem «todsicheren Investmentsystem». Preis weiss das und gibt sich bescheiden. «Das ist keinesfalls eine Anleitung, um reich zu werden», sagt er. Allerdings erhalte man einen Einblick in die Entscheidungsprozesse der Menschen beim Aktienkauf. «Kurseinbrüchen an den Finanzmärkten gehen Phasen grosser Sorge unter den Investoren voraus. In diesen Phasen suchen Anleger nach zusätzlichen Informationen, bevor sie handeln», sagt Preis. Die Menschen hätten gerade vor dem Aktienverkauf – der Verluste bringt – ein riesiges Bedürfnis nach Informationen. Die verhaltensorientierte Finanzforschung spricht vom Phänomen der «Verlust-Aversion». Niemand gesteht sich gerne Fehler ein. 

Quelle: Tages-Anzeiger 6. Mai 2013

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