Montag, 27. August 2012

Wirtschaftskreislauf und BIP






Quelle: youtube

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Die Bank CS und die BVK

Die CS soll der kantonalzürcherischen Beamtenversicherungskasse (BVK) und der kantonalen Gebäudeversicherung Börsendeals falsch verrechnet haben. Ermittlungsakten zeigen, wie das System funktionierte. Ein Bericht des Tages-Anzeigers beleuchtet die Praxis der zweitgrössten Schweizer Bank.

Die BVK-Affäre gehört zu den grössten Skandalen der jüngeren Zürcher Politik- und Wirtschaftsgeschichte. Recherchen des TA zeigen nun, dass es im Betrugsfall mehr mutmassliche Opfer und Täter gibt, als bislang bekannt war. Neben der Pensionskasse der Zürcher Kantonsangestellten ist auch die kantonale Gebäudeversicherungsanstalt (GVZ) um Millionensummen geschädigt worden. Auch die Grossbank Credit Suisse (CSGN 18.41 0.27%) (CS) scheint weit stärker in die Sache involviert zu sein als bisher bekannt – durch zahlreiche zumeist ehemalige Mitarbeiter auf der Täterseite. Bei früheren CS-Angestellten kam es bereits zu Hausdurchsuchungen; mehrere wurden zwischenzeitlich in Untersuchungshaft genommen. Die Staatsanwaltschaft Zürich wirft den Beschuldigten in dieser Weiterung der BVK-Affäre Betrug, Veruntreuung und ungetreue Geschäftsführung in mindestens 196 Fällen vor. Einzelne Bankmitarbeiter haben ihre Taten gestanden. Das System, mit dem sich die Involvierten laut den Ermittlern bei den Geldern der Versicherten bedienten, lässt sich in einem Satz erklären: Die Credit Suisse verrechnete der BVK und der GVZ bei Börsengeschäften falsche Kurse. Wollten die kantonalen Versicherungen Aktien kaufen, mussten sie mehr als den Marktpreis bezahlen. Verkauften sie, floss zu wenig Geld aufs Konto.

Die Differenzen zwischen den Kursen machten pro Papier meist wenige Franken oder Rappen aus, doch aufgrund grosser Handelsvolumen und über die Jahre summierte sich der mutmassliche Schaden: Die auf Wirtschaftsdelikte spezialisierte Zürcher Staatsanwaltschaft III beziffert ihn in einem ihrer Papiere für die Jahre von 2000 bis 2003 auf rund 11,5 Millionen Franken.
Die Anweisungen zu den Börsengeschäften erteilte der Hauptbeschuldigte im ganzen Komplex: Daniel Gloor, Angestellter der Zürcher Finanzverwaltung und BVK-Anlagechef. Entweder sind ihm die falschen Abrechnungen der CS nicht aufgefallen – oder er hat sie geduldet.

All die Transaktionen liefen über einen seiner Freunde seit Studienzeiten: Alfred Castelberg. Gloor und Castelberg sind gegenseitig Götti eines ihrer Kinder. Die Staatsanwaltschaft wirft Castelberg auch vor, Gloor bei gemeinsamen Mittagessen 180'000 Franken über den Tisch geschoben zu haben. Für das BVK-Portfolio war Alfred Castelberg bereits bei der Volksbank zuständig gewesen, die 1993 in der CS aufging. Bei der Grossbank blieb er bis Ende 2001; dann wechselte Castelberg zur BT + T Asset Management AG (BAM). Dabei nahm er das BVK-Mandat mit. Die Börsengeschäfte mit den Pensionsgeldern wurden aber weiterhin über die CS abgewickelt. Meist, in 155 der 196 Fälle, wies Castelberg laut Unterlagen aus dem Verfahren einen jungen, heute geständigen, Händler an, die Transaktionen zu einem für die BVK oder die GVZ unvorteilhafteren Kurs einzutragen.

Ein Beispiel: Ende 2002 wollte Daniel Gloor für die BVK fast vier Millionen Namenaktien der CS verkaufen. Dies geschah via BAM und CS zu einem Durchschnittskurs von 29.46 Franken. Alfred Castelberg wies aber einen Händler der CS an, die Transaktion mit 28.34 Franken pro Aktie gegenüber der BVK abzurechnen. Die Handelsabteilung der CS vereinnahmte laut der Staatsanwaltschaft einen Teil des mutmasslich unterschlagenen Geldes als «Risikoprämie», einen weiteren Teil erhielt die BAM als Retrozession. Ein grosser Teil landete bei Alfred Castelberg. In jenen Tagen flossen über 800'000 Franken auf seine Konti. Die Staatsanwaltschaft zweifelt daran, ob bei dieser Ausschüttung alle Abgaben und Steuern korrekt bezahlt wurden. Der Pensionskasse soll alleine aus diesem Geschäft ein Schaden von über 4 Millionen entstanden sein.

Es bleiben viele Fragen: Warum haben interne und externe Kontrollen den mutmasslichen Betrug über Jahre nicht bemerkt? Gemäss zwei voneinander unabhängigen Quellen wurden CS-Kontrolleure von einer Mitarbeiterin auf die Unregelmässigkeiten aufmerksam gemacht. Doch nichts geschah. Und wie reagiert die CS heute? «Die Credit Suisse hat in den Untersuchungen eng kooperiert», sagt Sprecher Marc Dosch. «Sie wird dem Kanton den damals entstandenen Schaden vollumfänglich ersetzen.» Dazu gehören auch fünf Prozent Zins. Gemäss Beteiligten sind über die letzten Details der Zahlungen an die BVK und die GVZ Verhandlungen im Gang. Auch bei der BAM ist die Staatsanwaltschaft mit einer sogenannten Ersatzforderung in Millionenhöhe vorstellig geworden. Daniel Gloor ist bereits vor Bezirksgericht gestanden. Sein Urteil ist noch ausstehend. Alfred Castelberg soll in wenigen Wochen vor den Richter kommen. Gegen weitere ehemalige CS-Mitarbeiter wird ermittelt. Staatsanwalt Oliver Otto wollte auf TA-Anfrage keine Details aus seiner Untersuchung preisgeben. Auch einzelne Beschuldigte wollten sich nicht zur Sache äussern. Für sie gilt die Unschuldsvermutung.

Quelle Text: Tages-Anzeiger

Fotos: Neues CS-Betriebsgebäude Üetlihof 2 in Zürich - Guntram Rehsche 

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