Der Basler Mathis Wackernagel hat Formeln entwickelt, mit denen wir
unseren Ressourcenverbrauch berechnen können. Inzwischen lebt er in den
USA – und knüpft Verbindungen zu den Mächtigen dieser Welt.
Es war ein intensives Wochenende für Mathis
Wackernagel. Am Freitagabend erhielt er in Vaduz (FL) den Grossen
Binding-Preis als Anerkennung für die gesellschaftliche und
umweltpolitische Bedeutung seiner Erfindung, des ökologischen
Fussabdrucks. Kuratoriumsmitglied Martin Boesch, der die Laudatio hielt,
sagte, das Konzept werbe nicht nur weltweit um Nachhaltigkeit, «sondern
entwickelt auch eine dramatische mediale Breitenwirkung und löst
dadurch umweltpolitische Weichenstellungen aus». Der Binding-Preis ist
mit 50'000 Franken dotiert. Er kommt nur zehn Tage nach dem mit 300'000
Franken ausgestatteten Blue Planet Prize, dem renommiertesten
Wissenschaftspreis im Umfeld Nachhaltigkeit, den Wackernagel in Japan
entgegennehmen durfte.
Der
ökologische Fussabdruck, von Wackernagel zusammen mit dem Kanadier
William Rees, seinem Doktorvater an der University of British Columbia
in Vancouver, ins Leben gerufen, zeigt, wie sehr wir über unsere
Verhältnisse leben. Wie viele Schweizen – als Mehrzahl von der einen
Schweiz, die wir zur Verfügung haben – müsste es geben, um all das, was
wir von der Natur brauchen, zu regenerieren? (Aktuell sind es vier.) «Das
war damals unser grosser Trick», sagt Wackernagel. «Wir berechneten
nicht irgendwelche hypothetischen Zahlen, wie viele Menschen in der
Schweiz leben können. Wir fragten: Wie gross müsste die Schweiz sein, um
ihre Bewohner, so wie sie heute leben, versorgen zu können.»
Daraus
hat sich seit den Anfängen 1989 eine weltweit anerkannte Methode
entwickelt. In gut einem Dutzend Ländern rund um den Globus ist die
Berechnung des ökologischen Fussabdrucks von Regierungsinstitutionen
verifiziert worden. Das Schweizer Bundesamt für Statistik beispielsweise
publiziert Jahr für Jahr unseren Fussabdruck. «Die Interpretation ist
der nächste Schritt», sagt Wackernagel. «Zusammen mit den
Verantwortlichen dieser Länder wollen wir herausfinden, was dies für die
Zukunft heisst. Wir fragen: Was bedeuten diese Ressourcentrends für den
Wirtschaftsstandort Schweiz? Wie kann der Trend in die richtige
Richtung gekehrt werden?»
Der Klimawandel, sagt Wackernagel, sei
nicht das Problem. Erosion, Wasserknappheit, Versteppung und
Überfischung auch nicht. «Dies sind alles nur Symptome für ein alles
beherrschendes Thema: Wir brauchen mehr, als die Erde auf Dauer geben
kann.»
Mathis
Wackernagel ist heute weltweit in Lehre und Forschung tätig, zeitweise
als Professor an der Cornell University in Ithaca, New York. Und vor
allem knüpft er Verbindungen in die Schaltzentralen der Macht: zu den
Regierungen und den Zentralbanken. Die Entscheidungsträger sollen
erkennen, welche Konsequenzen es hat, wenn ein Land jahrelang seine
Ressourcen ausbeutet. Die Wirtschaftskrise in Griechenland, Portugal,
Italien, Spanien – Wackernagel bringt sie in engen Zusammenhang mit dem
viel zu grossen Fussabdruck dieser Länder. Ein ETH-Ingenieur, der
zum grünen Träumer wurde, auf den aber niemand hört? Die
US-Wirtschaftsagentur Bloomberg, die über 300'000 Analysten weltweit mit
Daten und Kennzahlen beliefert, übernimmt nun auch den ökologischen
Fussabdruck in ihre Bulletins. Denn mit Füssen verhält es sich so: Sie
gehen Schritt für Schritt vorwärts.
Quelle: TA-Online / Basler Zeitung
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