Montag, 24. September 2012

So hat das Volk entschieden


Rauchen soll nicht komplett aus den Restaurants verbannt werden. Volk und Stände haben der Volksinitiative «Schutz vor Passivrauchen», die das Rauchen in allen öffentlich zugänglichen Räumen verbieten wollte, eine Absage erteilt. Rund 66 Prozent der Stimmenden sagten Nein. Das Schweizer Stimmvolk gewichtet die Wahlfreiheit des Einzelnen höher als den Schutz der Gesundheit. Rund 1'437'600 Stimmberechtigte legten ein Nein ein zur Initiative, die ein schweizweit einheitliches Rauchverbot festschreiben wollte. Rund 741'200 Stimmende sagten Ja. Nun können jene 18 Kantone, die bediente Raucherabteile oder sogar Raucherbeizen erlauben, ihre Gesetze belassen.

Selbst die Kantone mit den zurzeit strengsten Anti-Raucher-Gesetzen lehnten das Volksbegehren mehrheitlich ab. Sie zeigten in der Tendenz aber noch am ehesten Verständnis für das Anliegen der Initianten um die Lungenliga. So lag der Nein-Stimmen-Anteil in beiden Basel, Neuenburg oder der Waadt unter 65 Prozent. Und Genf sagte als einziger Kanton sogar knapp Ja. Am deutlichsten gegen das einheitliche Rauchverbot sprachen sich die Urner mit einem Nein-Stimmen-Anteil von 77,9 Prozent aus. Auch in anderen Innerschweizer Kantonen wie Nidwalden, Obwalden und Schwyz hatte das Volksbegehren bei Nein-Stimmen-Anteilen von über 70 Prozent keine Chance. Die Argumente der breiten Gegnerfront aus sämtlichen bürgerlichen Parteien, dem Gewerbeverband oder dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse hatten offenbar überzeugt. Sie warnten während des Abstimmungskampfes vor «Prohibition» und einem totalen Rauchverbot und sahen die persönliche Freiheit des Einzelnen in Gefahr.

So führte beispielsweise die Frage zu Diskussionen, ob bei einem Ja zur Initiative das Rauchen in Einzelbüros ebenfalls verboten wäre. Die Initiativgegner nutzten das Beispiel, um zu zeigen, dass das Volksbegehren definitiv zu weit gehe. Die Initianten liessen darauf ein juristisches Gutachten erstellen, das zum Schluss kam, Einzelbüros würden von der Initiative nicht tangiert. Der Bundesrat, der die Initiative ebenfalls ablehnte, stellte sich auf den Standpunkt, dass sich die erst seit 2010 geltende Gesetzgebung bewährt habe. Er wollte eine seiner Meinung nach verfrühte Gesetzesänderung nach nur zwei Jahren verhindern.

Selbst das Kostenargument der Befürworter um die Lungenliga, die linken Parteien und weitere Verbündete zog zu wenig. Mit strengeren Regeln liessen sich die Gesundheitskosten pro Jahr um eine halbe Milliarde Franken senken, machten die Initianten geltend. Mit Studien legten sie beispielsweise dar, dass in mehreren Kantonen mit Rauchverboten weniger Personen wegen akuten Herzinfarkten ins Spital eingeliefert werden mussten.

Seit dem 1. Mai 2010 verbietet das Bundesgesetz das Rauchen in sämtlichen Räumen, die öffentlich zugänglich sind oder die mehreren Personen als Arbeitsplatz dienen. Für das Gastgewerbe gelten Ausnahmen: Das Gesetz erlaubt Fumoirs und kleine Raucherlokale, die nicht grösser sind als 80 Quadratmeter. Da das Gesetz als Mindeststandard gilt, können die Kantone schärfere Regeln erlassen. Fünfzehn Kantone, in denen 77 Prozent der Bevölkerung leben, haben dies getan und verbieten auch die Raucherlokale. In acht dieser Kantone (BL, BS, FR, GE, NE, SG, VD, VS) sind nicht einmal bediente Fumoirs erlaubt. Die restlichen 18 Kantone (AG, AI, AR, BE, GL, GR, JU, LU, NW, OW, SH, SO, SZ, TG, TI, UR, ZG, ZH) hätten bei einem Ja zur Initiative strengere Regeln einführen müssen. Sie erlauben heute in Restaurants entweder bediente Raucherabteile, sogenannte Fumoirs, oder Raucherbeizen. (Weitere Informationen)

Wohneigentümer müssen den Eigenmietwert weiterhin versteuern – auch wenn sie das Rentenalter erreicht haben. Volk und Stände haben die Initiative «Sicheres Wohnen im Alter» des Hauseigentümerverbandes knapp abgelehnt. 52,6 Prozent der Stimmenden sagten Nein. Gegen die Initiative sprachen sich rund 1'125'400 Stimmberechtigte aus. Ja sagten 1'013'900 Personen. Am deutlichsten lehnten die Stimmenden in den Kantonen Basel-Stadt und Waadt das Volksbegehren ab, mit einem Nein-Stimmen-Anteil von jeweils rund 64 Prozent. Am meisten Zustimmung erhielt die Initiative in den Kantonen Glarus und Schaffhausen mit über 55 Prozent. Ja sagten auch die Kantone Aargau, Thurgau, Solothurn, St. Gallen, Schwyz, Appenzell Ausserrhoden, Tessin sowie – als einziger Westschweizer Kanton – Genf. In der Mehrheit der Kantone resultierte jedoch ein Nein.

Die Musik erhält ihren Platz in der Verfassung. Das Stimmvolk hat mit 72,7 Prozent Ja-Stimmen die Musikbildungsförderung durch den Bund und die Kantone wie erwartet deutlich gutgeheissen. Bund und Kantone müssen nun den Zugang zur Musik verbessern. In allen Kantonen hiessen die Stimmenden den Bundesbeschluss über die Jugendmusikförderung mit über 55 Prozent gut. Am höchsten fiel die Zustimmung in den beiden Stadtkantonen Genf und Basel-Stadt mit jeweils 82 Prozent Ja-Stimmen aus. Am wenigsten Zustimmung erhielt das Anliegen in der Zentralschweiz sowie in den beiden Appenzell. Schwyz sagte mit 56 Prozent Ja, in Nidwalden, Uri und Appenzell Innerrhoden lag die Zustimmung bei 57 Prozent, in Appenzell Ausserrhoden bei 63 Prozent. In der Tendenz lag der Ja-Stimmen-Anteil in der Westschweiz und im Tessin höher als in der Deutschschweiz. 1'551'900 Personen legten ein Ja ein, 583'300 ein Nein.

Der neue Verfassungsartikel 67a verpflichtet die Kantone nun, schweizweit geltende Bildungsziele für die Musik in den Schulen zu formulieren. Der Bund soll zudem zusammen mit den Kantonen Grundsätze für den Zugang zu Musikangeboten in der Freizeit festlegen und die Förderung der Hochbegabten verbessern. Die Harmonisierung der Ziele in der Musikbildung ist laut Erziehungsdirektorenkonferenz (EDK) aber unabhängig von der Initiative bereits im Gang. 2014 sollen die Arbeiten beendet sein. Könnten sich die Kantone doch nicht einigen, müsste der Bund eingreifen. In der Schule soll der Artikel für einen besseren Unterricht und in der Freizeit für einen erschwinglichen Zugang zu Musikschulen sorgen, sodass Orchester, Blasmusiken oder Jodelclubs auf besser ausgebildete junge Musikanten zählen können. (Weitere Informationen) 

Quelle: SDA / TA / weitere Agenturen

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